Das Erneuerbare-Energien-Gesetz feiert runden Geburtstag: 20 Jahre EEG haben auch in Nordrhein-Westfalen die Energielandschaft deutlich verändert. Zeit für ein Resümee – und einen Ausblick.
Was wir aus 20 Jahren EEG lernen können
Als das Erneuerbare-Energien-Gesetz am 1. April 2000 in Kraft getreten ist, hat das einen Stein ins Rollen gebracht, der seitdem nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt die Erfolgsgeschichte der Erneuerbaren Energien mitschreibt und damit einen enormen Beitrag zum globalen Klimaschutz leistet. Dutzende Länder haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten vom deutschen EEG-Vorbild inspirieren lassen. Mit Erfolg: Die Investitionen haben mittlerweile dazu geführt, dass Solarenergie, Windkraft und Co. heute wesentlich effizienter und gleichzeitig günstiger sind als noch vor 20 Jahren. Die Kosten für Erneuerbare-Energien-Anlagen sinken stetig. Zudem nehmen sie weltweit immer größere Anteile an der Energiegewinnung ein. Das ist in großen Teilen ein Erfolg des deutschen EEG.
Energiewende gerät ins Stocken
Doch ausgerechnet im Mutterland der Energiewende ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien mittlerweile ins Stocken geraten. Das liegt auch am EEG, das 20 Jahre und etliche Änderungen später von einem überschaubaren Vierseiter auf 140 paragraphenbepackte Seiten angewachsen ist – nicht immer zum Vorteil der Energiewende.
Ein Blick zurück
Als Nachfolger auf das Stromeinspeisegesetz wurde das EEG am 25. Februar 2000 im Bundestag beschlossen und trat am 1. April schließlich in Kraft. Mit dem neuen Gesetz sollte eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung durch den stärkeren Ausbau von Erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Die Erneuerbaren Energien steckten damals noch in den Kinderschuhen. Das EEG sollte ihnen dabei helfen, Laufen zu lernen. Indem die Netzbetreiber dazu verpflichtet wurden, Strom aus Erneuerbaren Energien vorrangig und zu einem festen Vergütungssatz abzunehmen, gab es zunehmend Anreize, in regenerative Energieversorgung zu investieren. Damit wurde der ökologische Umbau des Energiesystems in einem Industrieland erstmals auf den Weg gebracht.
Erfolge des EEG in NRW
Vehemente Kritiker waren sich in den Neunzigerjahren noch sicher: Erneuerbare Energien würden niemals mehr als vier Prozent des deutschen Strombedarfs decken können. Doch das, was die Gegner damals als „unmöglich“ bezeichnet haben, ist in der Realität längst um ein Vielfaches übertroffen worden: Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch ist allein in Nordrhein-Westfalen von 1,3 Prozent im Jahr 2000 auf immerhin 16,1 Prozent im Jahr 2018 angewachsen. Die installierte Erneuerbare-Energien-Leistung hat sich in dieser Zeit in NRW mehr als verzehnfacht: Aus knapp 700 Megawatt im Jahr 2000 sind mittlerweile etwa 12.000 Megawatt Erneuerbare Energien geworden. Knapp die Hälfte davon liefert allein die Windenergie. Aus den knapp 800 Windrädern im Jahr 2000 sind heute in ganz NRW mehr als 3.600 Windenergieanlagen geworden, die klimafreundlichen Strom für rechnerisch rund 10 Millionen Menschen an Rhein und Ruhr liefern.Auch die Bioenergie hat im Zuge des EEG einen gewaltigen Sprung gemacht: Während zur Jahrtausendwende etwa zwei Dutzend Anlagen aus Biomasse Energie produzierten, liefern heute über 1.300 Anlagen regenerative Energie. Den deutlichsten Anstieg gab es bei der Solarenergie: Aus knapp 5.000 Solaranlagen zu Beginn des neuen Jahrtausends sind heute mehr als 280.000 Anlagen geworden, die sauberen Strom von nordrhein-westfälischen Dächern und Freiflächen liefern. Im Jahr 2018 haben diese Anlagen insgesamt mehr als 21.000 Gigawattstunden saubere Energie produziert. Das reicht aus, um mittlerweile theoretisch mehr als sechs Millionen durchschnittliche Haushalte mit erneuerbarem Strom zu versorgen.
Ist das EEG noch zeitgemäß?
Im Laufe der Jahre wurde das EEG immer weiter an die wachsende Rolle der Erneuerbaren Energien angepasst. Das vormals schlanke Gesetz ist deshalb mittlerweile auch zu einem komplexen Werk angewachsen. Die großen Novellen und unzähligen Überarbeitungen sind dabei jedoch nicht immer nur zum Vorteil für die Erneuerbaren Energien ausgefallen. Vor allem im Hinblick auf die Klimaschutzziele der Bundesregierung muss die Zielsetzung des EEG deutlich angepasst werden. Denn die im EEG 2017 verankerten Ausbaupfade reichen längst nicht mehr aus, um die Herausforderungen des Klimaschutzes und der Energiewende zu bewältigen. Um das bundesweite Ziel von 65 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen, müssen wir zügig nachsteuern. Dabei gilt es vor allem auch, realistische Annahmen für den Energieverbrauch in 2030 zugrunde zu legen. Zudem kamen mit dem Umstieg auf das Ausschreibungssystem vor allem für die Windenergie einige Fallstricke hinzu, die bis heute zum Einbruch des Ausbaus beitragen. Insbesondere die fehlerbehafteten Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften müssen in diesem Zusammenhang noch immer neu geregelt werden. Auch das Festhalten an den Deckeln für Solarenergie hemmt zunehmend den Ausbau der Energiewende. Die 52 Gigawatt-Grenze ist bald erreicht, doch die versprochene Aufhebung wird an den Streit um Mindestabstände für Windräder geknüpft. Dieser Streit muss endgültig vom Tisch und die Deckelung im EEG aufgehoben werden. Gerade in der jetzigen Krise wäre das ein Konjunkturprogramm sonders Gleichen, ohne den Steuerzahler zu belasten.
Die Zukunft des EEG in NRW
Gerade das Kohleland Nordrhein-Westfalen steht mit Blick auf die Energiewende vor besonders großen Herausforderungen. Schließlich hat der Kohleausstieg einen umfassenden Strukturwandel zur Folge. Erneuerbare Energien liefern in dieser Lage die Perspektive für neue Wertschöpfungsketten. Doch durch die aktuell geltenden Regelungen im EEG wird das erheblich erschwert. Der Fokus der Energiezukunft muss auf einem starken und schnellen Ausbau der Windenergie und Photovoltaik liegen. Gleichzeitig muss es Planungssicherheit auch für Biomasse, Wasserkraft und Geothermie geben. In einem zukünftigen Energiesystemen müssen sich alle Erneuerbaren Energien in einem breiten Mix ergänzen. Um diese Entwicklung zu gewährleisten, braucht es dringend eine Überarbeitung des EEG.
Die Verschlankung des vorgegebenen Rechtswegs im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren kann dabei helfen, den Erneuerbaren-Ausbau deutlich zu beschleunigen. Auch die Verkürzung der Anzahl von Instanzen kann bei Klagen zu schnellerer Rechtssicherheit für alle Beteiligten führen. In Zeiten der zunehmenden Elektrisierung – vor allem im Sektor Mobilität – müssen zudem bestehende Hürden im Bereich Eigenversorgung und Direktbelieferung gesenkt werden. Auf diesem Wege könnte eine Abregelung Erneuerbarer Energien verhindert und eine effizientere Nutzung gewährleistet werden.
Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass ab Januar 2021 die ersten Erneuerbare-Energien-Anlagen aus der EEG-Förderung fallen, ist es dringend an der Zeit, Anschlussregelungen für sie zu schaffen. Auch hier sind Ansätze für Eigenverbrauch und Direktvermarktung notwendig, mit denen vorhandene Anlagen sich wirtschaftlich weiterbetreiben lassen.
Viel erreicht – Viel bleibt zu tun
Das EEG hat in den vergangenen Jahren erfolgreich beweisen können, dass wir mit Hilfe der Erneuerbaren Energien absolut in der Lage sind, die Energiewende zu packen. Ohne das EEG wäre die Energiewende nicht zu der global inspirierenden Erfolgsstory geworden, wie wir sie heute an den Entwicklungen weltweit erkennen können. 2019 war ein Rekordjahr beim Zubau von Windenergie weltweit. Bei großen PV Anlagen sehen wir so niedrige Kosten, wie sie kein fossiles oder atomares Kraftwerk jemals darstellen konnte. Doch die Transformation ist noch nicht beendet. Die Erneuerbaren Energien haben das Laufen gelernt und die ersten Meilensteine erfolgreich hinter sich gebracht. Doch es liegt auch noch eine große Strecke vor ihnen. Damit wir am Ziel ankommen, müssen wir die Hürden für die Energiewende deshalb jetzt so schnell wie möglich überwinden und das EEG an den weiteren Weg anpassen.