Der Bundesrat hat am 14. Februar den Weg für die neue Allgemeine Verwaltungsvorschrift Kennzeichnung (AVV) frei gemacht. Diese ermöglicht erstmals den Einsatz der Transpondertechnologie für die Bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK). Außerdem regelt die AVV Erleichterungen für die Befeuerung von WEA mit langen Rotorblättern.

Es war ein langer, steiniger Weg: Als das Energiesammelgesetz (EnSaG) zum Jahreswechsel 2018/2019 in Kraft trat, enthielt dieses eine Verpflichtung von WEA-Betreibern, ihre Anlagen mit einer Einrichtung zur Bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung auszurüsten. Damit sollte eine Akzeptanzsteigerung der Windenergienutzung erreicht werden, denn das nächtliche Blinken der Anlagen stört vermehrt die Anwohner von Windparks.

Die BNK führt zur Aktivierung der aus luftverkehrsrechtlichen Gründen erforderlichen Nachtbefeuerung, sobald sich ein Luftfahrzeug dem Windpark nähert. Das EnSaG sieht vor, dass jeder Betreiber von Alt- und Neuanlagen diese bis zum 01.07.2020 mit einem BNK-System ausstatten muss; Ausnahmen gelten in Fällen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit. Zwischenzeitlich hat die Bundesnetzagentur diese Frist um ein Jahr verlängert.

Transponder in Zukunft zugelassen

Luftverkehrsrechtlich zulässig ist der Einsatz von BNK bereits seit Inkrafttreten der AVV im August 2015. Insoweit besteht die Möglichkeit des Einsatzes von Aktiv- sowie Passivradarsystemen. Dafür werden im Windpark oder in dessen Nähe entsprechende Systeme aufgebaut, die entweder mit ausgesendeten Radarstrahlen oder durch die Nutzung vorhandener Rundfunk- bzw. Mobilfunkwellen den Himmel nach Luftfahrzeugen absuchen.
Nicht zulässig war bislang der Einsatz der sog. Transpondertechnologie. Diese macht sich diejenigen Signale zunutze, die von den in Luftfahrzeugen verbauten Transpondern ausgesendet werden.
Seit Inkrafttreten des EnSaG sieht § 9 Abs. 8 Satz 4 EEG  vor, dass die BNK-Pflicht auch durch eine Einrichtung zu Nutzung von Signalen von Transpondern von Luftfahrzeugen erfüllt werden kann. Gleichzeitig wurde eine umfassende Transponderpflicht für Nachtflüge eingeführt. Damit wollte der Gesetzgeber erreichen, dass die BNK möglichst flächendeckend eingesetzt wird, da die Nutzung von Aktiv- und Passivradartechnologie nicht an jedem WEA-Standort in gleicher Weise technisch und wirtschaftlich möglich ist.
Da der Einsatz der Transponderlösung allerdings bislang gerade nicht in der AVV vorgesehen war, bedurfte es nunmehr deren Änderung.

Ein langer steiniger Weg zur Änderung der AVV

Der Prozess der Änderung der AVV gestaltete sich quälend lang, weil zahlreiche Fragestellungen – insbesondere im Zusammenhang mit der BNK – zu klären waren. Im September 2019 gab das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) endlich einen Entwurf der neuen AVV in die Verbändeanhörung, der die Transponderlösung beinhaltete, aber auch zahlreiche nicht unerhebliche Änderungen für den Einsatz der bislang anerkannten BNK-Lösungen vorsah.
Im Januar beschloss das Bundeskabinett die AVV und gab diese an den Bundesrat weiter, der ihr am 14. Februar – unter der Maßgabe einiger weniger Änderungen – zustimmte. Es bedarf nun noch der Zustimmung des Bundeskabinetts zu den durch den Bundesrat beschlossenen Änderungen, damit die AVV in Kraft treten kann.
Von der kurzfristigen Erteilung dieser Zustimmung dürfte auszugehen sein, da die Staatssekretäre des BMVI und des Wirtschaftsministeriums bereits vorab erklärt hatten, dass die betreffenden Änderungen des Bundesrates von dort akzeptiert würden.

Zulässigkeit unter Voraussetzungen

Die durch den Bundesrat beschlossene Fassung der AVV sieht vor, dass auch die Transponderlösung ohne weitere Rückfallebene zum Einsatz im Rahmen einer BNK zulässig ist. So hatte ein ministeriell beauftragtes Gutachten ergeben, dass keine luftverkehrssicherheitsrechtlichen Bedenken gegen den Transpondereinsatz bestehen.
„Erkauft“ wurde die Zulässigkeit der Transponderlösung allerdings durch die gleichzeitige Einführung einer Verpflichtung zum ständigen nächtlichen Einsatz von Infrarotfeuern, die für alle BNK-pflichtigen WEA gilt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass mit Restlichtverstärkerbrillen ausgestattete Militär- und Rettungsflieger die Anlagen auch bei deaktivierter regulärer Befeuerung erkennen. Außerdem gesteht die neue AVV der Bundeswehr in besonderen Fällen das Recht zu, die Befeuerung der WEA selbst zu aktivieren, wenn dies z.B. im Zusammenhang mit Tiefflugmanövern erforderlich ist.

Begrüßenswerte Entbürokratisierung

Neu ist auch das Vorsehen einer Baumusterprüfung für BNK-Systeme. Hierdurch werden die bislang notwendigen umfangreichen Abnahmen der BNK durch Befliegungen und anschließende Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung (DFS) überflüssig, was im Sinne der Entbürokratisierung zu begrüßen ist und hoffentlich zu einer Beschleunigung der Ausrüstung von WEA mit BNK-Systemen führen wird.
Die ein oder andere bittere Pille müssen Hersteller der bereits anerkannten BNK-Systeme schlucken, sieht die AVV doch an mehreren Stellen (Radarrückstrahlfläche von 1m², ab dem Boden zu überwachender Wirkungsraum) Erschwernisse vor. Hiervon nicht betroffen sind allerdings bereits installierte Systeme, die Bestandsschutz erhalten.
Außerdem existiert eine Übergangsvorschrift, wonach die gemäß alter AVV anerkannten BNK-Systeme für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Inkrafttreten der neuen AVV nach den bisherigen Regeln neu installiert werden dürfen.

Grundlage für flächendeckende BNK ist gelegt

Die Bilanz der neuen AVV fällt trotz einiger inhaltlich fragwürdiger und verbesserungsfähiger Punkte positiv aus: Mit ihr wurde die Grundlage für das Erreichen einer möglichst flächendeckenden BNK und damit für eine erhöhte Akzeptanz der Windenergienutzung geschaffen. Überdies wurde die bislang geltende Regelung, wonach der maximale Abstand zwischen Blattspitze und Nachtfeuer 65 m betragen darf, die bei modernen Anlagentypen zunehmend zu Problemen geführt hat, gestrichen; die AVV sieht stattdessen vor, dass WEA mit einer Gesamthöhe von bis zu 315 m ohne weitere Beschränkungen mit dem sog. Feuer w, rot bzw. w, rot (ES) auszustatten sind.

Abzuwarten bleibt, ob die durch die BNetzA bis Mitte 2021 verlängerte BNK-Umsetzungsfrist eingehalten werden kann oder ob sie nochmals verlängert werden muss. Dies wird nicht zuletzt davon abhängen, wie schnell zulassungsfähige Transponderempfangssysteme auf dem Markt verfügbar sind.

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