Die Betreiber von Regenerativstromanlagen erwartete zu Ostern eine besondere Überraschung im sprichwörtlichen Osternest: Das Osterpaket zum neuen EEG 2023. Zum Teil enthält dieses Osternest positive Regelungen für Anlagenbetreiber, zum Teil jedoch auch sehr nachteilige. Im Folgenden werden einige Aspekte des Osterpaketes und deren Auswirkungen auf die Regenerativstrombranche aufgezeigt.

Positive Entwicklungen für Erneuerbare im Osterpaket

Wichtig und richtungsweisend ist die Regelung in § 2 des EEG 2023, mit der die besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien herausgestellt wird. Ausweislich dieser Regelung liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. In der Begründung heißt es dazu, dass die Regelung im Fall einer Abwägung dazu führen muss, dass das besonders hohe Gewicht der erneuerbaren Energien berücksichtigt werden muss. Es dürfte ein Meilenstein in der Geschichte der Erneuerbaren sein, dass diese einen derart hohen Stellenwert erfahren.
Auch im Ausschreibungsregime für Windenergieanlagen an Land hat sich einiges getan. Es werden ab dem Jahr 2023 vier Gebotstermine stattfinden, jeweils zum 01. Februar, 1. Mai, 1. August und 1. November. Es soll eine Neufassung der endogenen Mengensteuerung nach § 28 Abs. 6 erfolgen. Nunmehr „kann“ die Bundesnetzagentur das errechnete Ausschreibungsvolumen eines Gebotstermins verringern, wenn zu erwarten ist, dass die ausgeschriebene Menge größer als die eingereichte Gebotsmenge sein wird. Bislang handelte es sich um eine gebundene Entscheidung, die nunmehr in eine Ermessensentscheidung abgeändert wird. Hintergrund ist, dass die neuen Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der europäischen Kommission vorsehen, dass in einem beschränkten Maße Unterzeichnungen zu tolerieren sind. Dem trägt diese Ermessenentscheidung nunmehr Rechnung.
Eine weitere gute Nachricht für Anlagenbetreiber ist, dass das Eigenversorgungsverbot aufgehoben wird. Bisher war in § 27a geregelt, dass sich ein ausschreibungsbedingter Zahlungsanspruch und die Eigenversorgung ausschließen. Die Eigenversorgung war geradezu zuschlagsvernichtend, denn wurde eine Eigenversorgung betrieben, reduzierte sich der Zahlungsanspruch auf null für die Dauer des Kalenderjahres. Eine sinnvolle Begründung gab es für dieses Verbot nicht wirklich, denn so, wie die Belieferung an einen Dritten mit ausschreibungsbedingter Förderung gekoppelt werden kann, sollte dies auch für die Eigenversorgung möglich sein. Dem trägt der Gesetzgeber nunmehr Rechnung, indem 27a EEG 2023 gestrichen wird.
Auch bei der BNK-Pflicht hat sich einiges getan. Hier wurde der Stichtag „wohl letztmalig“ auf den 01. Januar 2024 verschoben.

Sanktionen für Pflichtverstöße und Zahlungspflichten

Eine für Anlagenbetreiber eher nachteilige Änderung erfuhr § 52 EEG. Diese Norm listet Pflichtverstöße auf, die finanziell sanktioniert wurden. Bislang erfolgte die Sanktionierung so, dass der Netzbetreiber die Förderung nach dem EEG kürzte. Nunmehr ist dem Gesetzgeber „aufgefallen“, dass mehr und mehr Anlagen gar nicht mehr nach dem EEG gefördert werden – sei es, weil der Strom am freien Markt veräußert wird, z. B. im Wege der Direktbelieferung von Industriekunden, sei es, weil er komplett selbst verbraucht wird. Begeht der Betreiber einer solchen ungeförderten Anlage einen Pflichtverstoß, entkommt er der Sanktion des § 52 EEG. Dem will der Gesetzgeber des EEG 2023 entgegenwirken, indem er im Fall von Pflichtverstößen eine Zahlungspflicht des Anlagenbetreibers anordnet – und die trifft eben geförderte wie ungeförderte Anlagen gleichermaßen. Wörtlich heißt es in der Gesetzesbegründung: „Die bisherige Mechanik des § 52 EEG 2021 wurde dem Sinn und Zweck der Regelung (...) teilweise nicht mehr gerecht. (...) Da die bisherige Regelung im Wesentlichen an die Verringerung von Förderzahlungen (anzulegende Werte) anknüpft, ist sie (...) gegenüber der zunehmenden Anzahl an ungeförderten Anlagen faktisch wirkungslos.“ Hier stellt sich jedoch die Frage, ob man die Energiewende beschleunigt, indem man eine viel zu harte Sanktion auch noch ausdehnt. Überdies ist zu beachten, dass es eine Sache ist, eine Förderung zu kürzen, überspitzt gesagt: Einem geschenkten Gaul schaut man nichts in Maul. Eine ganz andere Sache ist es aber, eine Zahlungspflicht zu normieren. Hier stellt sich regelmäßig die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Ist es verhältnismäßig, den Anlagenbetreiber zu Pönalen zu zwingen, wenn geringfügige oder rein formale Verstöße wie beispielsweise unterlassene Meldungen zum Markstammdatenregister erfolgen? Dies wäre ggf. auch einmal von einem Gericht zu untersuchen.

Änderungen für Bürgerenergiegesellschaften

Tiefgreifende Änderungen gibt es auch zur Regelung der Bürgerenergiegesellschaft. Die Personenzahl je Bürgerenergiegesellschaft wurde von ursprünglich 10 auf mindestens 50 angehoben. Hier stellt sich die Frage, ob dies sinnvoll ist, denn ab einer Anzahl von 20 Kommanditisten, die sich in der regelmäßig auftretenden Rechtsform der GmbH & Co. KG finden, besteht grundsätzlich eine Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz. Die Erstellung eines Prospektes ist jedoch zeit- und kostenintensiv. Möglicherweise werden hier zahlreiche Gesellschaften -unabhängig von der Frage, ob sie überhaupt 50 Personen zusammenbringen- von der Eigenschaft, eine Bürgerenergiegesellschaft zu sein abgeschreckt. Überdies regelt der neue § 22b, dass Bürgerenergiegesellschaften in den letzten 5 Jahren kein weiteres Windprojekt realisiert haben dürfen und für weitere 5 Jahre keine weiteren Förderungen in Anspruch nehmen. Hier stellt sich die Frage, ob dies wirklich realistisch ist, dass ein man ein „one and only“ Projekt betreibt. In der Begründung heißt es hierzu: „Die Regelungen dienen u.a. der Fokussierung auf kleine Akteure, deren vorrangiges Ziel nicht in der Gewinnerzielung liegt, sondern darin, ihren Mitgliedern oder Anteilseigern oder den Gebieten vor Ort ökologische, wirtschaftliche oder sozial- gemeinschaftliche Vorteile zu bringen.“ Ein hehres Ziel. Dennoch müssen auch kleine Akteure sehen, dass sie ihre Maschinen bezahlt bekommen.... Ob das mit der jetzigen Regelung möglich ist, darf noch hinterfragt werden.
Auch bei der Gemeindebeteiligung nach § 6 hat sich einiges getan. Insbesondere wurde sie ausgeweitet auf solche Anlagen, die keine finanzielle Förderung erhalten, sondern ihren Strom am freien Markt im Wege eines PPA vermarkten. Dies solle zu mehr Planungssicherheit bei den Gemeinden führen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, sei dahingestellt....
Insgesamt bietet das Osterpaket also einen bunten Strauß von Möglichkeiten, Chancen aber auch Risiken. Um letztere abzumildern, wäre hier seitens der Branche noch ein wenig Einwirkung auf den Gesetzgeber wünschenswert. Es bleibt abzuwarten, was sich im Gesetzgebungsverfahren noch tut und wie die Praxis auf dieses Osterpaket reagiert.

Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann

Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB

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