Windparkgesellschaften nutzen oftmals gemeinsame Infrastrukturen, doch hierdurch kann die EEG-Umlagepflicht für den produzierten Strom ausgelöst werden. Wie sich das umgehen lässt und was beachtet werden sollte, erklärt die Fachanwältin Katharina Vieweg-Puschmann.
Sind Stromlieferungen an die Infrastrukturgesellschaft Drittbelieferungen?
Es dürfte geübte Praxis sein, dass mehrere Windparkgesellschaften innerhalb eines Parks eine gemeinsame Infrastruktur nutzen, um den von ihnen erzeugten Strom in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Diese gemeinsame Infrastruktur besteht oftmals in einem gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt im Rahmen eines gemeinsam genutzten Umspannwerks. Diese gemeinsame Infrastruktur wird häufig von einer eigenen Gesellschaft betrieben, die nicht mit den Windparkbetreibergesellschaften identisch ist – nämlich von der Infrastrukturgesellschaft – oder oftmals kurz in der Praxis: UW-KG. Was aber ist mit den Lieferungen des Stroms an die Infrastrukturgesellschaft? Handelt es sich dabei um EEG-umlagepflichtige Drittbelieferungen? Und wie ist der stromsteuerrechtliche Status der Infrastrukturgesellschaft – ist sie Versorger im Sinne des StromStG?
Die rechtliche Eigenständigkeit der Infrastrukturgesellschaft ist ausschlaggebend
In kaufmännischer Hinsicht lägen dann EEG-umlagepflichtige Drittbelieferungen vor, wenn die Infrastrukturgesellschaft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung den von den Betreibergesellschaften erzeugten Strom einkauft und ihn dann an den Netzbetreiber verkauft. Da es sich dann bei der Belieferung der – rechtlich eigenständigen – Infrastrukturgesellschaft um eine Drittbelieferung handelte, fiele dann auch die volle EEG-Umlage an.
Die volle EEG-Umlagepflicht kann jedoch durch entsprechende Ausgestaltung des Infrastrukturvertrages/Strom-Abrechnungsvertrages verhindert werden, der zwischen den Betreibergesellschaften der Windenergieanlagen und der Infrastrukturgesellschaft geschlossen wird. In diesem Vertrag ist zu regeln, dass die Infrastrukturgesellschaft verpflichtet und berechtigt ist, im eigenen Namen die finanzielle Förderung der Lieferer für deren Rechnung – also für fremde Rechnung – beim Netzbetreiber abzurechnen. Damit liegt ein sogenanntes Kommissionsgeschäft vor:
Kommissionsgeschäfte sind dadurch bestimmt, dass ein Beauftragter – der Kommissionär – im eigenen Namen, aber im Auftrag und für Rechnung eines anderen – des Kommittenten –, Waren kauft oder verkauft. Kommittent sind also die Betreibergesellschaften der Windenergieanlagen, Kommissionär ist die Infrastrukturgesellschaft. Im Außenverhältnis gegenüber dem Dritten, hier also dem Netzbetreiber, tritt die Infrastrukturgesellschaft als Kommissionär – wie oben schon ausgeführt – im eigenen Namen auf. Im Innenverhältnis gegenüber den Betreibergesellschaften als Kommittenten ist sie reiner Vermittler. Denn sie handelt für Rechnung des Kommittenten. Insofern liegt auch kaufmännisch keine Drittbelieferung der Infrastrukturgesellschaft vor, sodass nicht die volle EEG-Umlage anfällt. Denn durch das Kommissionsgeschäft wird kaufmännisch bewirkt, dass die Betreiber der Windenergieanlagen direkt mit dem Netzbetreiber handeln, da die Infrastrukturgesellschaft eben auf fremde Rechnung, nämlich die der Betreiber der Windenergieanlagen, tätig wird.
Auswirkungen der neu eingefügten Vorschrift des § 62b EEG 2017/2021
Neben der oben dargestellten kaufmännischen Betrachtung gehen jedoch zahlreiche Netzbetreiber, insbesondere wegen der neu eingefügten Vorschrift des § 62b EEG 2017/2021, die das Messen und Schätzen von In-Park-Verbräuchen regelt, dazu über, ergänzend auch eine physikalische Betrachtung der tatsächlichen Stromflüsse vorzunehmen:
Bisher gingen die meisten Anlagenbetreiber von der Prämisse aus, dass sie, wenn sie keinen Stromlieferungsvertrag mit einem Dritten als Direktabnehmer geschlossen hatten und auch keine Eigenversorgung betreiben, Volleinspeiser sind. Also: 100 % des erzeugten Stroms würde in das Netz der öffentlichen Versorgung eingespeist und vom Netzbetreiber vergütet.
Physikalisch ist es aber so, dass nicht 100 % des erzeugten Stroms beim Netzbetreiber „ankommt“, sondern ein Teil davon bereits im Windpark selber verbraucht wird (In-Park-Verbrauch). Dieser Verbrauch findet statt in den WEA desselben Betreibers (Kraftwerkseigenverbrauch mit 0 % EEG-Umlage bzw. nach Auffassung einiger Netzbetreiber Eigenversorgung mit 40 % EEG-Umlage), in WEA verschiedener Betreiber (Drittbelieferung mit 100 % EEG-Umlage) und natürlich auch in der Infrastrukturgesellschaft: Plakativ gesprochen: Im Umspannwerk hängt eine Glühlampe, die wird mit Strom aus einer Windenergieanlage des Parks beliefert. Da Betreiber des Umspannwerks (=Infrastrukturgesellschaft) und Betreiber der Windenergieanlage nicht personenidentisch sind, liegt eine EEG-umlagepflichtige Drittbelieferung (100% EEG-Umlage) vor. Hiervor schützt auch nicht das oben beschriebene Kommissionsgeschäft, da die Infrastrukturgesellschaft den Strom nicht verkauft, sondern selber verbraucht, sie also Letztverbraucher ist, was die volle EEG-Umlagepflicht auslöst. Hier heißt es, frühzeitig Kontakt mit dem Netzbetreiber aufzunehmen, um zu klären, wie die EEG-umlagepflichtigen Stromflüsse zu messen/schätzen sind.
In einigen Fällen muss eine Versorgererlaubnis beim Hauptzollamt beantragt werden
Auch in stromsteuerrechtlicher Hinsicht stellt die Infrastrukturgesellschaft einen zu beachtenden „Player“ dar: Nach Auffassung zahlreicher Hauptzollämter müssen Infrastrukturgesellschaften eine Versorgererlaubnis bei dem zuständigen Hauptzollamt beantragen. Hintergrund ist die Definition des Versorgers in § 2 Nr. 1 StromStG, wonach derjenige Versorger ist, der Strom leistet. Hier kann argumentiert werden, dass die Infrastrukturgesellschaft Strom in zweierlei Richtungen leistet: Sie leistet den von den WEA erzeugten Strom, indem sie ihn in das öffentliche Stromnetz weiterleitet und sie leistet den aus dem öffentlichen Stromnetz bezogenen Strom, den sie an die WEA-Betreibergesellschaften weiterleitet.
Infrastrukturgesellschaften als Letzverbraucher?
Die – einfachere – Variante wäre es, die Infrastrukturgesellschaft als Letztverbraucher im Sinne des § 1a Abs. 1a StromStV anzusehen. Dieser regelt, dass, wer ausschließlich nach § 3 des StromStG zu versteuernden Strom bezieht und diesen ausschließlich innerhalb einer Kundenanlage leistet, nicht als Versorger gilt, sondern als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 StromStG, wenn ausschließlich von einem im Steuergebiet ansässigen Versorger bezogener Strom geleistet wird. Also in eigenen Worten: Die „Kundenanlage“ ist der Windpark, die „Kunden“ sind die WEA-Betreibergesellschaften, die Strom von der Infrastrukturgesellschaft geleistet bekommen. Wenn die Infrastrukturgesellschaft also von einem in Deutschland ansässigen Versorger Strom bezieht, ist dieser regelmäßig schon versteuert und die Weitergabe dieses Stroms an die Betreibergesellschaft erfolgt dann schon in versteuerter Form. Die angenehme Konsequenz wäre, dass die Infrastrukturgesellschaft keine weiteren stromsteuerrechtlichen Pflichten hätte. Da die Praxis der Hauptzollämter im Hinblick auf die Qualifikation der Infrastrukturgesellschaft (Versorger oder Letztverbraucher) unterschiedlich ist, empfiehlt es sich, frühzeitig mit dem zuständigen Hauptzollamt Kontakt aufzunehmen und die Herangehensweise abzustimmen.
Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann
Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB