Der Begriff der „Eigenversorgung“ ist derzeit unter Betreibern von Regenerativstromanlagen en vogue. Das liegt daran, dass der Einsatz von Regenerativstrom die Chance bietet, die EEG-Umlage, die grundsätzlich gem. § 61 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2017 auch bei der Eigenversorgung anfällt, zu reduzieren. Jeder Anlagenbetreiber ist daher gut beraten, einmal zu prüfen, ob die Eigenversorgung nicht auch für ihn selber eine Option ist.
Gesetzlicher Hintergrund der verringerten EEG-Umlage im Fall der Eigenversorgung ist § 61b EEG 2017. Danach verringert sich der Anspruch des Netzbetreibers auf Zahlung der EEG-Umlage gegen den Anlagenbetreiber in einem Kalenderjahr auf 40% der EEG-Umlage für Strom, der zur Eigenversorgung genutzt wird, wenn in dem Kalenderjahr ausschließlich Erneuerbare Energien in der Anlage eingesetzt worden sind. Jeder Anlagenbetreiber muss sich jedoch vergewissern, ob die Voraussetzungen für die verringerte EEG-Umlage tatsächlich erfüllt sind, das heißt: ob tatsächlich eine Eigenversorgung im Sinne des EEG gegeben ist. Ist das nicht der Fall, würde der Netzbetreiber Ansprüche auf Nachzahlung der EEG-Umlage geltend machen können.
Eine gesetzliche Definition der Eigenversorgung ist in § 3 Nr. 19 EEG 2017 niedergelegt. Eigenversorgung ist danach der Verbrauch von Strom, den eine natürliche oder juristische Person im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage selbst verbraucht, wenn der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird und diese Person die Stromerzeugungsanlage selbst betreibt. Die Eigenversorgung knüpft daher an drei Merkmale an:
Personenidentität zwischen Stromerzeuger und Stromverbraucher
Erstes Merkmal ist die Personenidentität zwischen Stromerzeuger und Stromverbraucher. Zu diesem Merkmal hat die Bundesnetzagentur in ihrem „Leitfaden Eigenversorgung“ dargelegt, dass diese Personenidentität nicht nur in dem Fall erfüllt ist, in dem der Eigentümer der Anlage diese betreibt und auch den Strom verbraucht.
Vielmehr sind auch Miet- und Pachtverhältnisse vorstellbar, in denen der Mieter/Pächter der Anlage den Strom verbraucht und er selber Betreiber der Anlage ist. Dies erfordert aber eine vertragliche Grundlage, die sicherstellt, dass der Pächter tatsächlich Anlagenbetreiber ist.
Der Bundesgerichtshof hat Charakteristika für die Betreibereigenschaft herausgebildet. Danach muss der Anlagenbetreiber die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlage ausüben, ihre Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmen und das wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebs tragen. Hierauf ist bei der Ausgestaltung von Miet-/Pachtverträgen ein Hauptaugenmerk zu legen. So würde das wirtschaftliche Risiko dann nicht vom Anlagenpächter getragen, wenn die Pacht ertragsabhängig ausgestaltet ist. Denn dann müsste er eine geringere Pacht zahlen, wenn die Anlage geringere Erträge hat. Konsequent betrachtet bedeutete dies, dass wenn der Anlagenertrag gleich null ist, auch die Pacht gleich null wäre. Dann würde das wirtschaftliche Risiko aber beim Anlageneigentümer liegen, der Mieter/Pächter wäre gerade nicht Betreiber der Anlage. Damit wäre auch der verringerten EEG-Umlage die Grundlage entzogen.
Infolge fehlender Personenidentität liegt auch dann keine Eigenversorgung vor, wenn der Anlagenbetreiber beispielsweise eine Gesellschaft ist, Stromverbraucher aber das Gesellschaftsmitglied. Betreibt beispielsweise eine GmbH die Stromerzeugungsanlage und stellt ihren Gesellschaftern den erzeugten Strom zur Verfügung, so liefert die GmbH den Strom als umlagepflichtiges EltVU an die Mitglieder. Auch in Fällen, in denen die von einer juristischen Person, z.B. einer GmbH, betriebene Stromerzeugungsanlage beispielsweise dafür genutzt wird, zugleich das Wohnhaus ihres Geschäftsführers zu versorgen, erzeugen und verbrauchen verschiedene Personen den Strom, so dass insofern eine 100% EEG-umlagepflichtige Lieferung und keine Eigenversorgung vorliegt.
Unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch
Das zweite Charakteristikum der Eigenversorgung ist der unmittelbare räumliche Zusammenhang, der zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch gegeben sein muss. Gegeben ist er regelmäßig, wenn sich die Anlage auf dem Gebäude befindet, in dem der Strom auch tatsächlich verbraucht wird. Probleme treten dann auf, wenn trennende Elemente vorhanden sind, beispielsweise Straßen, öffentliche Wege, natürliche Hindernisse, Schienentrassen oder ähnliches. Dies deutet auf eine Durchberechnung des räumlichen Zusammenhangs hin. Gleiches gilt für das Vorhandensein von Stadt- oder Gemeindegrenzen. Nicht leichter wird die Beurteilung des unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs dadurch, dass dieser Begriff gesetzlich nicht definiert ist. Eine vielschichtige und manchmal widersprüchliche Rechtsprechungspraxis ist die Folge.
Fehlende Netzdurchleitung
Das dritte Charakteristikum der Eigenversorgung ist die fehlende Netzdurchleitung. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn der Strom mittels einer Direktleitung bezogen wird. Vorsicht ist hier aber geboten, dass diese Direktleitung nicht allzu lang ist, da ansonsten wiederum der unmittelbare räumliche Zusammenhang nicht gewahrt ist.
Sachverhaltsbezogene Ermittlung notwendig
Es gilt also jeweils sachverhaltsbezogen zu ermitteln, ob die Kriterien der Eigenversorgung eingehalten sind. Ist dies nicht der Fall, können seitens des Netzbetreibers erhebliche Nachzahlungen auf Zahlung der vollen EEG-Umlage an den Anlagenbetreiber herangetragen werden.
Verjährungszeiten abhängig vom Kenntnisstand
Beispielsweise entschied das OLG Hamm in einem Urteil vom 15.02.2017, dass Verjährungsbeginn Kenntnis des Netzbetreibers von den Lieferbeziehungen voraussetzt. Fehlt die Kenntnis, können Nachzahlungsansprüche bis zehn Jahre in die Vergangenheit geltend gemacht werden (Urteil des OLG Hamm vom 15.02.2017, Az: 30 U 149/15).
Das Urteil des OLG Hamm erging zum EEG 2004. Ob die Wertung des Gerichts vollständig auf die heutige Rechtslage des EEG 2017 übertragen werden kann, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Hieran darf insofern gezweifelt werden, als dem Übertragungsnetzbetreiber mit § 61 Abs. 5 EEG 2014 bzw. § 73 Abs. 5 EEG 2017 umfangreiche Befugnisse zustehen, auf externe Daten zuzugreifen, um mögliche unterbliebene EEG-Umlagezahlungen ausfindig zu machen. Dann könnte sich der Netzbetreiber nicht auf fehlende Kenntnis berufen. Darlegungs- und beweisbelastet für die Kenntnis des Netzbetreibers ist jedoch regelmäßig der Anlagenbetreiber. Es empfiehlt sich daher für jeden Anlagenbetreiber, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, sondern im Vorfeld die Weichen für die Eigenversorgung richtig zu stellen.