Zum Jahresende 2020 ist es wieder soweit: Eine Neuauflage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist in Arbeit. Gegenwärtig liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, Stand ist der 25.09.2020. Für Windenergieanlagenbetreiber sind darin diverse interessante Regelungen enthalten, sodass es sich durchaus lohnt, sich bereits mit dem Gesetz im Entwurfsstadium zu befassen. Im Einzelnen:

Förderung für Leistungsupgrade

In der Vergangenheit trat mehrfach die Konstellation auf, dass nach Zuschlagserhalt über eine Menge X eine leistungsstärkere Windenergieanlage mit installierter Leistung X+Y geliefert wurde. Die Differenz zwischen bezuschlagter Leistung und tatsächlicher Leistung wurde dann nicht gefördert. Dem wirkt der Gesetzgeber nun entgegen, indem eine Förderung für sogenannte Leistungsupgrades vorgesehen wird.

Wird die ursprüngliche Leistung um bis zu 15 % überstiegen, muss der Anlagenbetreiber nichts weiter tun. Denn hier wird § 22 Abs. 2 EEG dahingehend ergänzend, dass der Zahlungsanspruch gegen den Netzbetreiber für Strommengen besteht, die mit einer installierten Leistung erzeugt werden, die die bezuschlagte Leistung um bis zu 15 % übersteigt. Die Änderung führt zu einer Erhöhung der Flexibilität. Damit können Windparkbetreiber technologische Entwicklungen der Hersteller zügig aufgreifen. Auch werden dadurch Anreize gesetzt, die am Standort vorhandenen Ertragspotenziale stärker zu nutzen.

Wird die 15-%-Grenze hingegen überschritten, ist § 36j EEG relevant. Danach können Bieter einmalig Gebote für bezuschlagte Windenergieanlagen an Land nach deren Inbetriebnahme abgeben, wenn die installierte Leistung der Anlage um mehr als 15 % erhöht wird oder werden soll. Der Gebotswert darf dabei weder den geltenden Höchstwert noch den Zuschlagswert des bereits erteilten Zuschlags überschreiten. Dies ist auch logisch, da man sonst eine „gesplittete“ Förderung hatte. Der Vergütungszeitraum für den Zusatzzuschlag soll dem des ursprünglich erteilten Zuschlags entsprechen. Auch dies macht Sinn, weil dann ein Gleichlauf der Förderdauer erreicht wird.

Neuerungen im Genehmigungsrecht

Auch in genehmigungsrechtlicher Hinsicht tut sich Einiges. Bisher galt der Grundsatz, dass Änderungsanzeigen nach § 15 BImSchG und Änderungsgenehmigungen nach § 16 BImSchG den Zuschlag unberührt lassen, Neugenehmigungen hingegen jedoch zuschlagsvernichtend sind. Dem wirkt nun der neu gefasst § 36f Abs. 2 S. 1 EEG entgegen. Danach soll der Zuschlag auch auf neu erteilte Genehmigungen bezogen bleiben, wenn der Standort der Windenergieanlage um höchstens die doppelte Rotorblattlänge abweicht. Unklarheiten bestehen hier noch insofern, als dass nicht eindeutig ist, was Bezugspunkt für die doppelte Rotorblattlänge ist. Die Ausgangsgenehmigung oder die Neugenehmigung?

Zahlungen an betroffene Gemeinden – nicht nur Standortkommunen

Auch die Kommunen sollen ihren Vorteil aus der Nutzung von Windenergieanlagen ziehen können. So sieht § 36k EEG vor, dass Betreiber von Windenergieanlagen, die einen Zuschlag erhalten haben, den Gemeinden; „die von der Errichtung der Windenergieanlage betroffen sind“, Beträge durch einseitige Zuwendungen ohne Gegenleistung von insgesamt bis zu 0,2 ct/kW anbieten dürfen. Diese können gemäß § 36k Abs. 2 EEG vom Netzbetreiber rückerstattet verlangt werden. Diese Regelung kann die Akzeptanz für die Windenergie erhöhen und dazu führen, dass Flächenpotenziale für Windenergieanlagen besser genutzt werden.

Es stellt sich jedoch die Frage, was eine „von der Errichtung der Windenergieanlage betroffene Gemeinde“ im Sinne der Vorschrift ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung müssen sich die Zahlungen nicht auf die Standortkommune beschränken; die Betreiber dürfen vielmehr selbst entscheiden, welchen von den Immissionen betroffenen Kommunen sie die Zuwendungen in welcher Höhe anbieten.

Verlängerung der Realisierungsfrist

Vorteilhaft für Anlagenbetreiber sind Änderungen bei der Verlängerung der Realisierungsfrist. Die Realisierungsfrist ist die Frist, binnen derer der Zuschlag genutzt werden, die Anlage also in Betrieb genommen werden muss. Ursprünglich war es so, dass die Realisierungsfrist nur einmalig verlängert werden konnte. Dies ist nun gestrichen, sodass auch eine mehrfache Verlängerung möglich ist.

Weiterhin wird ein neuer Absatz 3 in § 36e EEG eingefügt, der darauf reagiert, dass Anlagenhersteller insolvent gehen können – wie es in der jüngeren Vergangenheit schon geschah. Nach der Neuregelung wird die Realisierungsfrist auf Antrag verlängert, wenn über das Vermögen des Herstellers des Generators oder eines sonstigen wesentlichen Bestandteils der Windenergieanlage das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Verlängerungszeitraum soll höchstens für die Dauer der Gültigkeit der Genehmigung ausgesprochen werden, wobei der Verlängerungszeitraum 18 Monate nicht überschreiten darf.

Wehrmutstropfen bei negativen Spotmarktpreisen

Ein Wehrmutstropfen für Anlagenbetreiber ist jedoch die Neufassung des § 51 EEG, der die Verringerung des Zahlungsanspruchs bei negativen Preisen regelt. Bislang war es so, dass sich der anzulegende Wert dann auf Null verringert, wenn der Spotmarktpreis für die Dauer von mindestens sechs Stunden negativ ist. Nunmehr verringert sich der anzulegende Wert schon auf Null, wenn der Spotmarktpreis für die Dauer von mindestens einer (!) Stunde negativ ist. Hier bleibt zu hoffen, dass im Gesetzgebungsverfahren noch daran gearbeitet wird, diese krasse Regelung abzumildern. Denn insbesondere vor dem Hintergrund des BGH-Urteils vom 14.7.2020, Az. XIII ZR 12/19 zur unmittelbaren räumlichen Nähe bei Windenergieanlagen und damit zur Zusammenfassung von Windenergieanlagen gewinnt diese Vorschrift deutlich an – im wahrsten Sinne des Wortes – negativer Brisanz. Aber dies ist ein anderes Thema...

Rechtlicher Rat gibt Klarheit

Zusammengefasst lässt sich folgern, dass es spannend bleibt, aber einige für Anlagenbetreiber durchaus positive Regelungen im Regierungsentwurf enthalten sind. Hier stellt sich auch die Frage, inwieweit die Neuregelungen des EEG 2021 auch für bestehende Anlagen oder Zuschläge gelten. Dies beantwortet sich anhand der – sehr komplexen und unübersichtlichen – Übergangsbestimmungen der §§ 100 ff EEG. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, hier Rechtsrat einzuholen, ob man im konkreten Fall von der Neuregelung betroffen ist oder nicht.

Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann

Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB

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