Leistungen über dem Gebot - kein Problem mehr?
Zum 01.01.2021 ist das „Neue EEG“, sprich das EEG 2021 in Kraft getreten. Neben einigen Kritikpunkten (dies ist Gegenstand gesonderter Beiträge), enthält es auch diverse positive Regelungen für Anlagenbetreiber. Einer dieser „Pluspunkte“ des neuen Gesetzes ist die Förderung von Mehrleistung von Windenergieanlagen, d.h. die Förderung einer größeren Strommenge als der bezuschlagten Leistung. Hintergrund ist folgender:
Grundsätzlich besteht für Windenergieanlagen nur dann ein Zahlungsanspruch gegen den Netzbetreiber, solange und soweit ein von der Bundesnetzagentur erteilter Zuschlag für die Anlage wirksam ist. Der Zuschlagserteilung geht die Gebotsabgabe des Anlagenbetreibers voraus – hier trägt er in das Gebotsformular die Gebotsmenge in kW ein, die dann im Erfolgsfall bezuschlagt wird. Der Angabe der Gebotsmenge liegt regelmäßig die Überlegung des Anlagenbetreibers zugrunde, dass er eine bestimmte Windenergieanlage eines bestimmten Typs mit einer bestimmten installierten Leistung errichten und betreiben möchte. Was aber, wenn sich nach der Zuschlagserteilung diese Überlegungen ändern? Seien es „freiwillige Änderungen“, weil der Anlagenbetreiber beispielsweise eine leistungsstärkere Anlage errichten möchte oder seien es „unfreiwillige Änderungen“, weil beispielsweise der ursprünglich geplante Anlagentyp herstellerseitig nicht mehr geliefert wird und der Anlagenbetreiber daher zwangsnotwendig auf einen größeren Anlagentyp ausweichen muss.
Unter dem EEG 2017 hatte der Anlagenbetreiber in diesen Fällen ein Problem – denn die Strommenge, die die bezuschlagte Leistung überschritt, wurde schlicht nicht gefördert. Damit wurden aber nicht nur den Anlagenbetreibern, die unfreiwilligerweise „umswitchen“ mussten, die sprichwörtlichen Steine in den Weg gelegt. Es wurden vielmehr auch Leistungsupgrades, die an sich begrüßenswert sind, wirtschaftlich zunichte gemacht.
Hier schuf das EEG 2021 nun Erleichterungen – so ist vorgesehen, dass der Förderanspruch gegen den Netzbetreiber auch für Strommengen besteht, die mit einer installierten Leistung erzeugt werden, die die bezuschlagte Leistung um bis zu 15 Prozent übersteigt. Mit anderen Worten: Bis zu dieser 15 % Grenze muss der Anlagenbetreiber gar nichts machen – es tritt eine automatische Mitförderung ein.
Vorsicht bei mehr als 15% Leistung- auch bei Altanlagen
Was aber, wenn die 15 % Grenze überschritten ist? Dann muss der Anlagenbetreiber tätig werden und ein sogenannten Zusatzgebot abgeben: Das EEG 2021 sieht vor, dass Bieter einmalig Gebote für bezuschlagte Windenergieanlagen an Land nach deren Inbetriebnahme abgeben können, wenn die installierte Leistung der Anlage um mehr als 15 Prozent erhöht wird oder erhöht werden soll.
Für das Zusatzgebot gilt dabei, dass der Gebotswert weder den geltenden Höchstwert des aktuellen Gebotstermins noch den Zuschlagswert des bereits erteilten Zuschlags überschreiten darf. Der Vergütungszeitraum für die Zusatzgebote entspricht dann demjenigen des zuerst erteilten Zuschlags, um einen „Gleichlauf“ der Vergütungszeiträume zu erzielen. Insofern eine schöne Lösung für Anlagenbetreiber unter dem EEG 2021.
Nun könnte man sich aber die Frage stellen, ob das „Neue EEG 2021“ dieses Privileg der Förderung von Mehrleistung nur für solche Zuschläge vorsieht, die unter dem EEG 2021 erteilt wurden oder nur für solche Anlagen, die unter dem EEG 2021 in Betrieb genommen werden – mit anderen Worten für „Neue Anlagen“. Bestandsanlagen oder Bestandszuschläge gehen dann „leer aus“? Nein, dies ist glücklicherweise nicht der Fall – hier hat der Gesetzgeber mit einer Übergangsbestimmung vorgesorgt, die ausdrücklich regelt, dass sowohl die automatische Mitförderung bis zu der 15%-Grenze als auch die Möglichkeit der Zusatzgebote jenseits der 15 % Grenze für Altanlagen und -zuschläge gleichermaßen gilt.
Nicht jede WEA-Typänderungen ist gleich
Soweit, so gut – könnte man denken: Und dennoch ist Vorsicht geboten – die genannten Instrumente sind kein „Freibrief“ für jegliche Typenänderungen: Denn der Haken ist hier der Zuschlag: Oftmals gehen Änderungen des WEA-Typs mit bundesimmissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen oder sogar mit Neugenehmigungen einher. Hier ist aber immer genau zu prüfen, ob sich der vorhandene Zuschlag dann noch auf die Änderungsgenehmigung oder sogar die Neugenehmigung bezieht. Auch hier gibt es mit dem EEG 2021 Neuerungen.
Unter dem EEG 2017 galt der Grundsatz: „Änderungsgenehmigung möglich, Neugenehmigung tödlich“: Denn der Zuschlag blieb auf die Änderungsgenehmigung bezogen, wohingegen eine Neugenehmigung zuschlagsvernichtend war.
Nunmehr sieht das EEG 2021 eine differenziertere Regelung vor: Wird die Genehmigung für das bezuschlagte Projekt nach der Erteilung des Zuschlags geändert oder neu erteilt, bleibt der Zuschlag auf die geänderte oder neu erteilte Genehmigung bezogen, wenn der Standort der Windenergieanlage um höchstens die doppelte Rotorblattlänge abweicht.
Diese Regelung, die gleichfalls nicht nur für Neuanlagen oder -zuschlage, sondern auch für Bestandsanlagen oder -zuschläge gilt, sollte der Anlagenbetreiber bei etwaigen Umplanungen stets im Hinterkopf behalten. Es empfiehlt sich daher, bei Umplanungen frühzeitig die bundesimmissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde und entsprechenden externen Rechtsrat einzuholen, um sicherzustellen, dass mit der Umplanung nicht der gegebenenfalls hart erkämpfte und wirtschaftlich lukrative Zuschlag „weggeplant“ wird. Denn der im Jahr 2020 noch geltende Höchstwert von 6,20 cent/kWh ist bekanntlich nunmehr auf 6,00 cent/kWh gesunken.
Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann
Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB