Der Blogbeitrag dieses Monats widmet sich der rechtssicheren Ausgestaltung von Nutzungsverträgen. Ein aktuelles Thema, da viele Klauseln oftmals gerichtlich angegriffen werden - und ein "zerstörter" Nutzungsvertrag über eine systemrelevante Fläche das ganze Projekt zum Scheitern bringen kann.
Ein jeder Betreiber von Regenerativstromanlagen weiß es – ganz am Anfang eines Projekts steht die sogenannte Flächensicherung. Diese besteht im Abschluss von Nutzungsverträgen, mit denen der Standort der Anlage, die Rotorüberflugsflächen bei Windkraftanlagen, die Zuwegungs- und Abstandsflächen sowie die Kabeltrasse bis zum Netzverknüpfungspunkt dem Anlagenbetreiber durch die jeweiligen Grundstückseigentümer zur Verfügung gestellt werden. Als Gegenleistung erhalten die Grundstückseigentümer das – oftmals erlösabhängige – Nutzungsentgelt.
Hürden bei Projektabläufen
Läuft alles bilderbuchartig, werden die Verträge einmal abgeschlossen und verschwinden dann in der sprichwörtlichen Schublade, weil sie wie geplant „gelebt“ werden: Die EE-Anlagen werden errichtet, erzeugen Strom, der Grundstückseigentümer erhält sein Nutzungsentgelt – „und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…“. Doch leider gehört ein so reibungsloser Projektablauf oftmals in das beschriebene Reich der Märchen. Denn der Weg zum Betrieb der Anlage kann für den – zukünftigen – Anlagenbetreiber steinig werden: Was ist, wenn die beantragte bundesimmissionsschutzrechtliche Genehmigung aussteht oder, so sie einmal erteilt ist, von Nachbarn oder Naturschutzverbänden beklagt wird? Was ist, wenn die Einspeisezusage des Netzbetreibers auf sich warten lässt? In allen diesen Fällen verzögert sich die Projektrealisierung, was zu Unmut bei dem vertraglich gebundenen Grundstückseigentümer führen kann. Manchmal konkurriert dann vielleicht noch ein anderer Projektierer, der den Grundstückseigentümer vom einmal geschlossenen Vertrag „weglocken“ möchte. Dann wird eben dieser Vertrag doch aus der Schublade geholt und auf Lösungsmöglichkeiten untersucht: Umso wichtiger ist es daher, dass Nutzungsverträge rechtssicher gestaltet werden, damit sie dem Anlagenbetreiber erhalten bleiben – denn ohne Fläche ist das Projekt nichts wert und zum Scheitern verurteilt. Was aber gilt es bei der Gestaltung von Nutzungsverträgen zu beachten?
Richtlinien für das Aufsetzen von Nutzungsverträgen
An erster Stelle ist zu gewährleisten, dass überhaupt ein Nutzungsvertrag geschlossen wird – der GAU eines Projektes kann es sein, wenn mitten in dessen Realisierung festgestellt wird, dass ein Grundstück „vergessen“ wurde und die Kabeltrasse über ein nicht unter Vertrag genommenes Grundstück führt. Also: Vor Projektrealisierung die Strecke von der Anlage bis zum Netzverknüpfungspunkt anhand einer Flurkarte „ablaufen“ und wirklich alle Flurstücke unter Vertrag nehmen.
Bei der inhaltlichen Ausgestaltung muss der Vertrag eine feste Laufzeit vorsehen, während dessen er nicht ordentlich gekündigt werden kann. Ein sinnvoller Weg ist es, die Laufzeit des Vertrages mit Unterzeichnung beginnen zu lassen und sie für dreißig Jahre festzuschreiben. Das ist die maximale Festlaufzeit gem. § 544 BGB. Vorteil: Neben den 20 Jahren Förderdauer für die Anlage hat der Anlagenbetreiber noch zusätzlich zehn Jahre – die er aber auch braucht, da vor dem Betrieb der Anlage insbesondere die Genehmigungserlangung steht, die im wahrsten Sinne des Wortes „lange“ dauern kann. Moderne Anlagen können regelmäßig aber auch über die 20 Jahre EEG-Förderdauer hinaus betrieben werden. Daher ist es sinnvoll, dem Anlagenbetreiber ein ein- oder zweimaliges Optionsrecht zur Verlängerung des Vertrages für eine Dauer von jeweils 5 Jahren einzuräumen.
Um aber nicht nur den Anlagenbetreiber, sondern auch den Grundstückseigentümer zufrieden zu stellen, müssen für ihn auch Anreize gesetzt werden, am Vertrag festzuhalten: Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass nicht erst ab Inbetriebnahme der Anlagen ein erlösabhängiges Nutzungsentgelt erhält, sondern dass ihm ab Vertragsschluss bereits ein sogenanntes Bereitstellungsentgelt gezahlt wird. Dieses ist zwar niedriger als das Nutzungsentgelt, kompensiert aber die Verfügungsbeschränkung des vertraglich gebundenen Grundstückseigentümers.
Transparenz bei Dienstbarkeiten und Rechtslage der Grundstücksnutzung
Ganz wichtig ist es auch, dass der Vertrag hinreichend transparent ist und dem Grundstückseigentümer verdeutlicht, worauf er sich „einlässt“. Für Anlagenbetreiber sind die Begriffe wie „Flächenpacht“ oder „Poolmodell“ geläufig. Gilt das aber auch für den Grundstückseigentümer? Weiß er, dass seine Fläche vielleicht auch komplett unbebaut bleibt und nur zur Vermeidung von „Windklau“ dient oder unterliegt er der – vielleicht irrigen – Vorstellung, dass auf seinem Grundstück auf jeden Fall eine Windkraftanlage errichtet wird? Dies sollte im Vertrag ausdrücklich klargestellt werden, um spätere Verärgerung zu vermeiden.
Ein weiteres Augenmerk sollte der Anlagenbetreiber auf die im Nutzungsvertrag zu regelnde Verpflichtung des Anlagenbetreibers zur Bestellung von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten legen: Diese müssen vor der Errichtung der Anlagen bestellt werden, um deren Scheinbestandteilseigenschaft zu sichern. Denn nach dem deutschen Sachenrecht wird der Grundstückseigentümer regelmäßig auch Eigentümer der mit dem Grundstück fest und dauerhaft verbundenen Sachen. Dies gilt aber insbesondere dann nicht, wenn die Sachen – hier die Anlagen – in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden sind, § 95 BGB. Das ausgeübte Recht ist die beschränkt persönliche Dienstbarkeit.
Überdies dient die beschränkt persönliche Dienstbarkeit auch dazu, die Nutzung des Grundstücks für den Anlagenbetreiber zu sicher, wenn der Nutzungsvertrag „verloren geht“: Sollte das Grundeigentum von einem Insolvenzverwalter oder im Rahmen einer Zwangsversteigerung verwertet werden, hat der Erwerber nach § 57a ZVG, § 111 InsO ein Sonderkündigungsrecht des Nutzungsvertrages. Dann ist dieser „weg“. Wäre aber zugleich auch die Dienstbarkeit „weg“, bestünde keinerlei Grundlage zur berechtigten Nutzung des Grundeigentums für windenergetische Zwecke mehr. Aus diesem Grunde verlangen insbesondere auch die finanzierenden Banken die Bestellung von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten.
Wichtige Vertragsgrundlagen sind zu beachten
Nicht zuletzt gilt es bei Abschluss von Nutzungsverträgen, auf ganz praktische Dinge zu achten, deren Vernachlässigung erhebliche Folgen haben kann. § 550 BGB regelt, dass, wenn ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen wird, er für unbestimmte Zeit gilt. Nutzungsverträge über Grundstücke zur Bebauung mit EE-Anlagen sind typengemischte Verträge mit mietrechtlichem Einschlag, sodass die Regelung des § 550 BGB auf sie anwendbar ist. Für die Wahrung der Schriftform ist die sogenannte „Einheitlichkeit der Urkunde“ erforderlich – d.h. der Vertrag muss mit allen zu ihm gehörenden Anhängen – insbesondere den regelmäßig erstellten Lageplänen, auf denen der Standort der Anlagen eingezeichnet ist – eine Einheit bilden. Diese Einheit wird am sichersten durch eine körperliche Verbindung wie beispielsweise tackern oder öhsen der einzelnen Seiten dokumentiert. Dies ist ernst zu nehmen – denn wird die Schriftform nicht gewahrt, ist der Vertrag ordentlich kündbar – dann nützt auch die vereinbarte Festlaufzeit nichts! Es existiert oberlandesgerichtliche Rechtsprechung, in dem das Gericht just wegen nicht beigefügter vorläufiger Lagepläne und fehlender Beifügung eines endgültigen Lageplanes auf die ordentliche Kündbarkeit des Nutzungsvertrages erkannte. Jeder Betreiber ist also gut beraten, der Gestaltung seiner Nutzungsverträge die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen.
Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann
Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB
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