Ereignisse der jüngeren Vergangenheit – wie Preissteigerungen, Rohstoffknappheit und die Auswirkungen der Ukraine-Krise - machen Altzuschläge für Inhaber aus den Jahren 2021 und 2022 oftmals unrentabel. Welche Handlungswege und Lösungsmöglichkeiten gibt, zeigt Rechtsanwältin Katharina Vieweg-Puschmann auf.
Zahlreich dürften die Inhaber von Zuschlägen aus Ausschreibungsterminen der Bundesnetzagentur (BNetzA) aus den Jahren 2021 und 2022 sein, die mit ihren „Altzuschlägen“ nicht glücklich sind: Zu viel hat sich in der jüngeren Vergangenheit geändert – die Stichworte sind zahlreich: Die Auswirkungen der Ukraine-Krise, die damit einhergehenden Lieferengpässe samt Rohstoffknappheit sowie die Preisexplosion am Strommarkt. Lange Rede kurzer Sinn: Der Altzuschlag respektive dessen Höhe „passt nicht mehr“. Was tun?
Dass die veränderten Rahmenbedingungen ein Eingreifen in das Ausschreibungsregime in Form der Anhebung der Höchstwerte erfordern, wurde schnell klar. Daher setze die BNetzA die Höchstwerte für Windenergieanlagen an Land, Aufdach-Solaranlagen u. Freiflächenanlagen für das Jahr 2023 hoch. Wohlgemerkt: Für das Jahr 2023 – Inhaber von Zuschlägen aus den Jahren 2021/2022 profitieren hiervon nicht. Von daher stellen sich für Inhaber von Altzuschlägen zahlreiche Fragen: Kann ich einen unrentablen Altzuschlag „loswerden“? Kann ich trotz Altzuschlag nochmals bieten? Ist das „Verfallenlassen“ des Altzuschlags eine Option? Wenn der Altzuschlag bleibt – wie mit ihm arbeiten? Und was tun, wenn zu allem Übel auch noch der Netzbetreiber der Realisierung des Altzuschlages ein ausgelastetes Netz entgegenhält?
Rückgabemöglichkeit von Altzuschlägen
Zur Frage des „Loswerdens“ – eine Rückgabe des Altzuschlags ist gegenwärtig nicht möglich. Die Rückgabemöglichkeit von Zuschlägen war im EEG 2017 lediglich für Solaranlagen vorgesehen. Diese Möglichkeit wurde aber bereits im EEG 2021 abgeschafft, für WEA an Land hat es sie nie gegeben. Ziel war die gesetzgeberische Intention der Projektrealisierung „um jeden Preis“.
Erneutes Bieten
Auch ein nochmaliges Bieten bei noch nicht entwertetem Altzuschlag stellt keine Option dar: Zum einem steht diesem der – energieträgerunspezifische – Ausschlussgrund des § 33 Abs. 2 Nr. 2b EEG 2023 entgegen: Ein erneutes Bieten auf dasselbe Flurstück bei noch nicht entwertetem Altzuschlag ist fakultativer Ausschlussgrund für ein erneutes Gebot. Es spricht viel dafür, dass die BNetzA von ihrem Ermessen im Sinne „pro Ausschluss“ Gebrauch macht, um Wettbewerbsverzerrungen und ein „Zocken“ auf einen besseren Zuschlag zu verhindern. Überdies besteht bei WEA an Land der spezifische Ausschlussgrund des § § 36c Nr. 1 EEG 2023: Die BNetzA schließt danach WEA-Gebote aus, wenn sie für eine in dem Gebot angegebene WEA an Land bereits einen Zuschlag erteilt hat, der zum Gebotstermin nicht entwertet worden ist.
"Verfallenlassen" des Altzuschlags
Auch ein "Verfallenlassen" des Altzuschlags ist regelmäßig keine Option, da mit diversen Nachteilen verbunden: Die Pönale fällt in voller Höhe an, es kommt zum Zeitverzug, da die Realisierungsfrist des Altzuschlages erst ablaufen muss und die Entwicklung der Höchstwerte in den kommenden Jahren ist ebenso unklar wie die zukünftige Wettbewerbssituation.
Als Zwischenfazit ist also zu ziehen, dass regelmäßig mit dem Altzuschlag gearbeitet werden muss.
Alternative Handlungswege und Lösungsmöglichkeiten: Verhandlungen mit Hersteller der EE-Anlage und Netzbetreiber
Der erste „Gegner“, mit dem der Zuschlagsinhaber oftmals konfrontiert ist, ist der Hersteller der EE-Anlage, mit dem er einen Kaufvertrag geschlossen hat. Es mehren sich in jüngerer Zeit die Fälle, in denen sich Hersteller mit Preisanpassungsverlangen an den Anlagenbetreiber wenden und Preiserhöhungen fordern. Dies ist bei einem ohnehin unrentablen Zuschlag misslich, sodass es sorgfältig zu prüfen gilt, ob das Preisanpassungsverlangen berechtigt ist. Hierbei ist zu unterscheiden: Beruft sich der Hersteller auf eine vertraglich vereinbarte Indexklausel, die sich an einem üblichen Index des statistischen Bundesamtes orientiert? Dann spricht manches dafür, dass das Preisanpassungsverlangen zulässig ist. Oftmals erfolgen Preisanpassungsverlangen jedoch jenseits einer Indexklausel: Der Hersteller beruft sich auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Voraussetzung hierfür ist, dass Umstände, die Grundlage des Vertrages geworden sind, sich schwerwiegend geändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen hätten, wenn sie die Änderungen vorausgesehen hätten. Überdies muss ein Festhalten am Vertrag – unter Berücksichtigung der Risikoverteilung - dem Hersteller unzumutbar sein. Hier ist für den Anlagenbetreiber Vorsicht geboten – denn die Voraussetzungen des § 313 BGB sind oftmals nicht erfüllt: Eine allgemeine Berufung des Herstellers auf „ständig steigende Herstellungskosten“ genügt nicht. Die Preiskalkulation des Herstellers wird regelmäßig dem Kunden nicht offengelegt, sie ist also gerade nicht, wie es § 313 BGB verlangt, Geschäftsgrundlage geworden. Auch spricht die Risikoverteilung gegen den Hersteller: Die Preiskalkulation und die Einkaufspreise fallen in die Sphäre des Herstellers, nicht des Käufers. Das bedeutet, der Hersteller muss seine Kalkulation zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darlegen und beweisen, gleiches gilt für geänderte Bedingungen bei Anpassungsverlangen. Dieser Beweis dürfte schwer gelingen – daher sollte der Anlagenbetreiber derartigen Preisanpassungsverlangen nicht ungeprüft nachgeben!
Mit einem weiteren Problem sieht sich der Käufer einer EE-Anlage konfrontiert, wenn der Hersteller erklärt, verspätet oder sogar gar nicht liefern zu können aufgrund der Ukraine-Krise, die „Höhere Gewalt“ darstellte. Hier lohnt sich ein Blick in den Anlagenkaufvertrag – oftmals ist dort „Höhere Gewalt“ definiert und „Krieg“ ausdrücklich benannt. Aber es kommt auf die Nuancen des Einzelfalles an: Genügt Krieg „irgendwo“ oder ist nur Krieg im eigenen Land als „Höhere Gewalt“ definiert? Und ist „nur“ Krieg Höhere Gewalt, oder genügen „Auswirkungen des Krieges“ um Höhere Gewalt anzunehmen? Abhängig davon ist zu entscheiden, ob die Berufung des Herstellers auf Höhere Gewalt berechtigt ist oder nicht.
So der Anlagenbetreiber die Probleme mit dem Anlagenhersteller (hoffentlich) gelöst hat, ist zweiter „Gegner“ leider oftmals der Netzbetreiber, der dem anschlusswilligen Anlagenbetreiber ein – angeblich? – ausgelastetes Netz entgegenhält. Hier gilt es, sich nicht verunsichern zu lassen, sondern der Sache auf den Grund zu gehen: Der Anlagenbetreiber sollte zum einen den Netzbetreiber gem. § 8 Abs. 5 und 6 EEG 2023 zur Herausgabe der Netzdaten auffordern, um die Aussagen des Netzbetreibers zu prüfen. Zum anderen sollte der Anlagenbetreiber den Netzbetreiber zum Netzausbau gem. § 12 EEG 2023 auffordern – denn gem. § 8 Abs. 4 EEG 2023 besteht die Pflicht zum Netzanschluss auch dann, wenn die Abnahme des Stroms erst durch die Optimierung, die Verstärkung oder den Ausbau des Netzes nach § 12 möglich wird.
Fazit
Als Fazit bleibt, dass der Inhaber des Altzuschlages aus diesem das Beste machen – und ergänzend Lobbyarbeit betreiben - sollte, um dadurch neue gesetzliche Wege zu eröffnen: Vielleicht wären eine Rückgabe von Altzuschlägen und ein Entfallen der Pönale doch zur heutigen Zeit sachgerecht?
Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann
Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB