Der Begriff „Power-to-heat“ – kurz: PtH – ist angesichts der gegenwärtigen Situation auf den Gas- und Strommärkten in aller Munde: Unter Power-to-Heat versteht man die Erzeugung von Wärme unter dem Einsatz von elektrischer Energie. Oftmals erfolgt dies über einen Elektrodenkessel.

PtH ist eine effiziente Möglichkeit, elektrische Überschüsse aus erneuerbaren Energien für die Wärmebereitstellung zu verwenden (Kopplung von Strom- und Wärmesektor), wodurch im Wärmesektor fossile Energieträger und Emissionen eingespart werden können. Also genau das, was man mit den Erneuerbaren erreichen möchte und im Sinne der Nachhaltigkeit umgesetzt werden sollte. Man sollte also meinen, der Gesetzgeber begünstigt derartige Projekte, beispielsweise durch Befreiungen von der Stromsteuer…doch ist das wirklich so?
Das PtH-Projekt besteht oftmals darin, einen Elektrodenkessel mit Wärmeverteilung als eigene Gesellschaft zu betreiben. Der einzubringende Strom stammt aus Anlagen eines Betreibers von EE-Anlagen – oftmals „alte“ Windenergieanlagen, die keine Förderung mehr nach dem EEG erhalten und die daher anderweitig vermarktet werden sollen. Die Wirtschaftlichkeit des Projekts – und damit dessen Realisierung - hängt aber oftmals unter anderem davon ab, ob die Stromsteuer anfällt:

Stromsteuer und Zahlungspflichten

Die Stromsteuer entsteht nach § 5 Abs. 1 StromStG grundsätzlich unabhängig davon, ob Strom für den Betrieb des Elektrodenkessels aus dem Netz der allgemeinen Versorgung von Strom entnommen wird oder ob zum Betrieb des Elektrodenkessels Strom „vor dem Netz“ - also mittels Direktleitung - bezogen wird. Denn es liegt in beiden Fällen eine „Entnahme aus dem Versorgungsnetz“ im Sinne von § 5 Abs. 1 StromStG vor. Das Versorgungsnetzes ist weit zu verstehen, sodass auch zu einem Kraftwerk gehörende Direktleitungen hierzu zählen. Also: Ja, die Steuer entsteht zunächst einmal. Aber greift dann eine Ausnahme von der Zahlungspflicht ein?
Als Ausnahmen kommen Steuerbefreiungen und -ermäßigungen (§ 9 StromStG), Erlass, Erstattung oder Vergütung der Steuer für bestimmte Prozesse und Verfahren beziehungsweise in Sonderfällen (§§ 9a StromStG) sowie Steuerentlastungen für Unternehmen (§ 9b StromStG) in Betracht.
Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG ist solcher Strom stromsteuerbefreit, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und vom Betreiber der Anlage am Ort der Erzeugung zum Selbstverbrauch entnommen wird. Dieser Befreiungstatbestand scheidet schon deshalb aus, weil der EE-Anlagenbetreiber den Strom nicht zum Selbstverbrauch entnimmt. Denn verbraucht wird der Strom vom – personenverschiedenen – Betreiber des Elektrodenkessels.

Befreiungen und Ausnahmen in der Wärmeerzeugung

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG ist Strom steuerbefreit, der zur Stromerzeugung entnommen wird, was (insbesondere) bei Pumpspeicherkraftwerken der Fall ist, § 12 Abs. 1 Nr. 2 StromStV. Für den Betreiber des Elektrodenkessels ist die Norm nicht anwendbar, da kein Strom erzeugt wird, sondern Wärme.
§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG enthält Vorschriften für Stromerzeugungsanlagen mit einer Nennleistung von bis zu zwei Megawatt. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) StromStG kommt es darauf an, dass derjenige, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, den Strom an Letztverbraucher leistet, die den Strom im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnehmen. Auch an diesen Voraussetzungen scheitert es oftmals – sei es, weil die EE-Anlagen über mehr als zwei MW verfügen, sei es, weil kein räumlicher Zusammenhang zwischen Stromerzeugung und -verbrauch gegeben ist.
Zu denken wäre noch an § 9a StromStG, der den Erlass einer noch nicht abgeführten Steuer, die Erstattung einer bereits gezahlten Steuer beziehungsweise die Vergütung der Steuer an einen anderen als den Steuerschuldner für bestimmte Prozesse und Verfahren regelt. Diese Vorschrift ist jedoch sachlich nicht einschlägig. Bei der Erzeugung von Wärme aus Strom geht es insbesondere nicht um Elektrolyse (§ 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG), also die Erzwingung chemischer Prozesse durch elektrischen Strom. Auch die übrigen Regelungen von § 9a StromStG kommen nicht in Betracht.

Steuerentlastung je nach Endnutzung

Last but not least: § 9b StromStG enthält eine Steuerentlastung für Strom, der zu betrieblichen Zwecken entnommen wird, soweit er nicht bereits nach anderen Vorschriften einer Ermäßigung unterfällt (§ 9b Abs. 1 S. 1 StromStG). Die Entlastung in Höhe von 5,13 Euro pro Megawattstunde (§ 9b Abs. 2 S. 1 StromStG) wird nur gewährt, soweit der Entlastungsbetrag 250 Euro im Kalenderjahr übersteigt (Selbstbehalt, § 9b Abs. 2 S. 2 StromStG). In § 9b Abs. 1 S. 2 StromStG wird auch explizit auf die Entnahme von Strom zur Erzeugung von Wärme Bezug genommen. Die Entlastung kommt hier aber nur in Betracht, wenn die erzeugte Wärme nachweislich durch ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes (oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft) genutzt wird. Diese Einschränkung in Satz 2 führt dazu, dass auch das Produkt des Umwandlungsprozesses – die Wärme – von begünstigten Unternehmen genutzt werden muss. Nutzen soll in diesem Zusammenhang Ge- beziehungsweise Verbrauch bedeuten und nicht die rein gewerbliche Veräußerung. Ob der Betreiber des Elektrodenkessels also von § 9b StromStG profitieren kann, hängt davon ab, dass die Wärme von einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes verbraucht wird. Soweit eine Verteilung an private Letztverbraucher über das Fernwärmenetz erfolgt, ist demnach eine Steuerentlastung nicht möglich.

Handlungsrahmen des Gesetzgebers

Hier stellt sich die Frage, ob nicht der Gesetzgeber tätig werden müsste, um PtH-Projekte – und damit letztlich Nachhaltigkeit und die Erneuerbaren - zu fördern: Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel die Einführung einer Stromsteuerentlastung in § 9b StromStG, die nicht nur die Belieferung von Unternehmen des produzierenden Gewerbes mit Wärme adressiert, sondern eine generelle Steuerentlastung für Strom vorsieht, der zur Speisung von Wärmenetzen eingesetzt wird. Überdies erscheint gut vorstellbar, in § 9 Abs. 1 StromStG eine Stromsteuerbefreiung für system- und netzdienlich bezogenen Strom zu Überschussstromzeiten einzuführen. Entsprechende Nachweise für die System- bzw. Netzdienlichkeit könnten durch den jeweiligen Netzbetreiber ausgestellt werden. So der Gesetzgeber will, hätte er also einen Instrumentenkasten zur Hand. Vielleicht wäre es an den Betreibern der Erneuerbaren, ihm zu zeigen, was er mit diesem Instrumentarium machen kann….

Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann

Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB

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