Zwar ist das (Un-)wort des Jahres 2020 der Ausdruck "Corona-Pandemie". Gäbe es jedoch ein "EE-spezifisches" Wort des Jahres, hätte der "Mischpark" gute Aussichten auf diesen Titel gehabt. Was es damit auf sich hat, erklärt unsere Gastautorin und Expertin für Erneuerbare-Energien-Recht Katharina Vieweg-Puschmann (LL.M.).

Mehr als eine Bedeutung von Mischparks

Doch was verbirgt sich genau hinter dem „Mischpark“? Tatsächlich kann dies zweierlei sein. Zunächst wird der Begriff verwendet für Windparks, die zum einen aus solchen Windenergieanlagen bestehen, die noch in der 20-jährigen Förderdauer des EEG sind, zum anderen aus solchen Windenergieanlagen, deren Förderung zum Jahresende ausläuft – also sogenannte „ausgeförderte“ Anlagen.

Solche Mischparks stellen die Betreiber in mehrerer Hinsicht vor wirtschaftliche und juristische Herausforderungen, die hier aber nicht Thema sind. Gegenstand dieses Beitrags ist die zweite Bedeutung des Mischparks – Mischparks werden auch solche Windparks genannt, die aus Windenergieanlagen verschiedener Betreiber/Betreibergesellschaften bestehen.

Hier stellt sich die Frage, ob auf die Stromlieferungen zwischen den einzelnen Windenergieanlagen, also auf diejenigen Strommengen, die noch vor dem Netzverknüpfungspunkt zwischen den einzelnen Windenergieanlagen „hin- und herfließen“, EEG-Umlage zu zahlen ist.

Wo liegt das Problem mit Querlieferungen?

Das Problem ist in faktischer Hinsicht nicht neu – diese Stromflüsse gab es schon seit es Windparks gibt – schlicht, weil sie sich technisch wohl nicht vermeiden lassen. Juristisch interessiert haben sie in der Vergangenheit jedoch kaum jemanden – insbesondere nicht die Netzbetreiber, die sich eher weniger für das Geschehen vor dem Netzverknüpfungspunkt interessierten.

„Modern“ wurde das Thema der Querlieferungen im Windpark durch den Gesetzgeber, der im EEG 2017 Regeln zum „Messen und Schätzen“ schuf. Danach müssen Strommengen, die unterschiedlich hohen EEG-Umlagesätzen unterliegen, voneinander abgegrenzt werden. Hier beginnen die Schwierigkeiten: Für welche Strommenge gilt welcher EEG-Umlagesatz und wie grenze ich die Strommengen voneinander ab?

Eigenverbrauch und einzelne Windenergieanlage? Keine EEG-Umlage

Fangen wir an mit der Frage, welcher EEG-Umlagesatz für die einzelnen Strommengen gilt: Zunächst der einfache Fall: Die einzelne Windenergieanlage und die Strommenge, die sie selber verbraucht: Für diese Strommengen fällt keine EEG-Umlage an, denn es handelt sich um den sogenannten Kraftwerkseigenverbrauch: Gem. § 61a Nr. 1 EEG 2017 entfällt die EEG-Umlagepflicht, soweit der Strom in der Stromerzeugungsanlage oder in deren Neben- und Hilfsanlagen zur Erzeugung von Strom im technischen Sinn verbraucht wird (Kraftwerkseigenverbrauch). Also 0 % EEG-Umlage.

Mehre Anlagen desselben Betreibers- unter Umständen 0% EEG-Umlagepflicht

Nächster Fall: Mehrere Windenergieanlagen desselben Betreibers: Hier wird zum Teil argumentiert, dass eine auf 40 % reduzierte EEG-Umlage anfiele, da es sich um eine Eigenversorgung (Merke: derselbe Betreiber) aus erneuerbaren Energien handelt. Dann wäre § 61b EEG 2017 einschlägig. Danach verringert sich der Anspruch des Netzbetreibers in einem Kalenderjahr auf 40 Prozent der EEG-Umlage für Strom, der zur Eigenversorgung genutzt wird, wenn in dem Kalenderjahr in der Anlage ausschließlich erneuerbare Energien oder Grubengas eingesetzt worden sind.

Es sprechen jedoch gute Argumente dafür, dass in solchen Windparks, die nur von einem (!) Betreiber betrieben werden, gar keine EEG-Umlage für die Querlieferungen zwischen den Windenergieanlagen dieses Betreibers zu zahlen ist. Ansatzpunkt ist zu argumentieren, dass es sich bei dem Strom, mit dem sich die Windenergieanlagen gegenseitig beliefern, um Kraftwerkseigenverbrauch im Sinne des § 61a Nr. 1 EEG 2017 handelt. Danach entfällt wie oben dargestellt die EEG-Umlagepflicht, soweit der Strom in der Stromerzeugungsanlage oder in deren Neben- und Hilfsanlagen zur Erzeugung von Strom im technischen Sinn verbraucht wird. Der Begriff der Stromerzeugungsanlage ist in § 3 Nr. 43b EEG 2017 definiert.

„Stromerzeugungsanlage“ ist danach jede technische Einrichtung, die unabhängig vom eingesetzten Energieträger direkt Strom erzeugt. Bezogen auf die Windenergieanlage ist also – nur – der Generator die Stromerzeugungsanlage.

Es gilt also ein „ultra-enger“ Begriff der Stromerzeugungsanlage. Die Stromerzeugungsanlage ist aber nicht gleich die Windenergieanlage – diese umfasst weitere Anlagen, wie z.B. die Azimutgetriebe, die mit Strom betrieben werden und die den Rotor in die „richtige Windrichtung“ drehen.

Es kann also argumentiert werden, dass eben diese Azimutgetriebe „Neben- und Hilfsanlagen“ zur Stromerzeugung sind. Also ist der von ihnen verbrauchte Strom auch Kraftwerkseigenverbrauch. Dies gilt zunächst für den Verbrauch innerhalb der Windenergieanlage, die den Strom selbst erzeugt – und eben in ihren Azimutgetrieben auch verbraucht.

Nach dem Leitfaden zur Eigenversorgung von Juli 2016 der BNetzA ist aber nicht erforderlich, dass der Stromverbrauch in den jeweiligen Neben- und Hilfsanlagen derselben Stromerzeugungsanlage stattfinden muss, die zeitgleich den Strom erzeugt. Es wäre vertretbar, auch dann einen Kraftwerkseigenverbrauch anzunehmen, wenn der in einer selbst betriebenen Stromerzeugungsanlage erzeugte Strom, der zeitgleich in einer selbst betriebenen Neben- und Hilfsanlage verbraucht wird, anteilig oder sogar vollständig der Stromerzeugung in einer oder mehreren anderen, selbst betriebenen Stromerzeugungsanlagen dient.

Also: Erzeugt die WEA 1 des Betreibers A Strom, der im Azimutgetriebe der WEA 2 eben dieses Betreibers A verbraucht wird, kann gut argumentiert werden, dass es sich hier um Kraftwerkseigenverbrauch handelt. Vorteil: Auch hier 0 %-EEG-Umlage.

Stromflüsse zwischen unterschiedlichen Betreibern sind zu 100% EEG-Umlagepflichtig

Anders ist es bei dem dritten Fall, nämlich Stromflüssen zwischen Windenergieanlagen unterschiedlicher Betreiber, also innerhalb des oben erwähnten „Mischparks“. Aufgrund der fehlenden Personenidentität liegt keine Eigenversorgung vor, sodass deswegen ein Kraftwerkseigenverbrauch ausscheidet. Bei Querlieferungen innerhalb von „Mischparks“ mit Windenergieanlagen von verschiedenen Betreibern sind die „betreiberunterschiedlichen“ Querlieferungen 100 %-EEG-umlagepflichtig. Also: Erzeugt die WEA 1 des Betreibers A Strom, der im Azimutgetriebe der WEA 1 des Betreibers B verbraucht wird, handelt es sich um eine 100%-EEG-umlagepflichtige Drittbelieferung.

Konsequenzen für Querlieferungen innerhalb von Windparks

Zusammengefasst bedeutet diese Argumentation, dass zwischen Querlieferungen innerhalb von Windparks, die nur von einem Betreiber betrieben werden und solchen Windparks, die aus Windenergieanlagen verschiedener Betreiber bestehen, unterschieden werden muss. Querlieferungen im Windpark mit nur einem Betreiber = Kraftwerkseigenverbrauch = 0 % EEG-Umlage. Querlieferungen zwischen Windenergieanlagen verschiedener Betreiber = Drittbelieferung = 100 % EEG-Umlage.

Damit wäre die Frage beantwortet, welcher EEG-Umlagesatz für die einzelnen Strommengen gilt. Die nächste Frage ist, wie ich diese voneinander abgrenze, messtechnisch erfasse oder ggf. durch Schätzung ermittele. Hier hat der Gesetzgeber mit § 62b EEG 2017 ein komplexes Instrumentarium geschaffen, das einen eigenen Beitrag nötig machte…zwischenzeitlich mag der „Leitfaden zum Messen und Schätzen bei EEG-Umlagepflichten“ der Bundesnetzagentur von Oktober 2020 eine erste Orientierung geben. Ob er jedoch jeden Einzelfall erfassen kann (und will) erscheint fraglich. Im Zweifel empfiehlt es sich, hier Rechtsrat einzuholen.

Ansprechpartnerin

Katharina Vieweg-Puschmann

Rechtsanwältin und Notarin bei Engemann & Partner, Rechtsanwälte mbB

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