Viel Wind – keine Vergütung? Negative Preise am Spotmarkt der Strombörse können dazu führen, dass Betreiber von Erneuerbare Energien Anlagen keine Vergütung erhalten. Doch die Voraussetzungen dafür sind streng. Eine genaue Prüfung kann sich also lohnen.

Für Betreiber von Windenergieanlagen sind kräftige Böen an sich ein Grund zur Freude – umso reichhaltiger ist die Windernte. Die starken, zum Teil orkanartigen Stürme zu Beginn des Jahres 2020 schossen jedoch über das Ziel hinaus – denn die Preise am Spotmarkt der Strombörse waren so manches Mal negativ.
Ebenso negativ und ernüchternd war dann für zahlreiche Anlagenbetreiber auch der Blick auf ihre monatlichen Gutschriften für den in das öffentliche Stromnetz eingespeisten Strom: So wurde für manche Zeiträume, in denen besonders starker Sturm herrschte, gar keine Vergütung gezahlt. Warum aber?

Kein Geld in Zeiten negativer Strompreise

Hintergrund ist die Regelung des § 51 Abs. 1 EEG 2017. Diese Vorschrift regelt, dass wenn der Wert der Stundenkontrakte für die Preiszone für Deutschland am Spotmarkt der Strombörse in der vortägigen Auktion in mindestens sechs aufeinanderfolgenden Stunden negativ ist, sich der anzulegende Wert - und damit die Vergütung des Anlagenbetreibers – für den gesamten Zeitraum, in dem die Stundenkontrakte ohne Unterbrechung negativ sind, auf null verringert. Mit anderen Worten – kein Geld in Zeiten negativer Börsenpreise!

Ausnahmen bestätigen die Regel

Von dieser harten Sanktion sieht § 51 Abs. 3 EEG 2017 jedoch diverse Ausnahmen vor, so in Nr. 1 für Windenergieanlagen. Danach verringert sich der Zahlungsanspruch nicht bei „Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 3 Megawatt, wobei § 24 Abs. 1 entsprechend anzuwenden ist.“

Der erste Halbsatz macht Hoffnung: Betreiber von Windenergieanlagen mit weniger als drei Megawatt brauchen danach negative Börsenpreise grundsätzlich nicht zu fürchten. Wie kommt es dann aber, dass doch zahlreiche Betreiber solcher Anlagen mit einer Förderkürzung konfrontiert waren?

Grund hierfür ist der zweite Halbsatz, der eine entsprechende Anwendung von § 24 Abs. 1 EEG 2017 vorsieht. Gem. § 24 Abs. 1 EEG 2017 sind mehrere Anlagen (unabhängig von den Eigentumsverhältnissen) zum Zweck der Ermittlung des Zahlungsanspruchs der Anlage und zur Bestimmung der Größe der Anlage nach § 21 Absatz 1 oder § 22 EEG 2017 für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage anzusehen, wenn sie sich erstens auf demselben Grundstück, Gebäude, Betriebsgelände oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden. Sie zweitens Strom aus gleichartigen erneuerbaren Energien erzeugen.** Drittens** für den in ihnen erzeugten Strom der Zahlungsanspruch in Abhängigkeit von der Bemessungsleistung oder der installierten Leistung besteht. Und sie viertens innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb genommen worden sind.

Mit anderen Worten bewirkt § 24 Abs. 1 EEG 2017 eine Zusammenfassung von mehreren einzelnen Erneuerbare Energien Anlagen, wenn die genannten vier Voraussetzungen erfüllt sind. Dann könnten also mehrere 2,0 MW Anlagen zusammengerechnet werden, sodass die 3 MW-Grenze des § 51 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017 überschritten wäre. Eine Förderkürzung wäre die Folge.

Fehlen die Voraussetzungen, besteht Chance auf Förderung

An der dritten Voraussetzung – der Abhängigkeit des Zahlungsanspruchs von der Anlagenleistung - „hakt“ es jedoch bei Windenergieanlagen. Denn bei Windenergieanlagen wird die finanzielle Förderung nicht leistungsbezogen vorgenommen, sondern vielmehr nach Referenzwerten. So heißt es auch schon in der Gesetzesbegründung, dass mehrere Windenergieanlagen, die gemeinsame Infrastruktureinrichtungen nutzen, nicht als eine Anlage gelten. Mit anderen Worten spricht dies dafür, dass Windenergieanlagen nicht zusammengefasst und künstlich zu einer „großen“ Anlage verklammert werden.

Demzufolge kann argumentiert werden, dass mangels leistungsbezogener Förderung bei Windenergieanlagen der Anwendungsbereich des § 24 Abs. 1 EEG 2017 von vornherein nicht eröffnet ist.

Selbst wenn man dieses Argument - aus Netzbetreibersicht – „großzügig übersehen“ würde, dürfte es auch oftmals an der vierten Voraussetzung, der Belegenheit auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe fehlen: Zum einen sind derart große Grundstücke, auf denen nicht nur eine, sondern mehrere Windenergieanlagen errichtet werden, eher rar gesät. Zum anderen wird der Begriff der unmittelbaren räumlichen Nähe bislang überwiegend im Kontext von Biogas und Photovoltaik seitens der Rechtsprechung diskutiert.

Die Clearingstelle EEG hat am 10.07.2019 ein Empfehlungsverfahren zum Thema „Negative Strompreise – Anlagenzusammenfassung bei Windenergie- und sonstigen Anlagen“ eingeleitet. Branchenverbände vertreten die Auffassung, dass das Kriterium der unmittelbaren räumlichen Nähe eher eng verstanden werden muss. In der Regel würde es sich bei einem Windpark wohl bezweifeln lassen, dass zwischen Einzelanlagen eine unmittelbare räumliche Nähe vorliegt.

Als weiteres Indiz wird für die Bejahung der unmittelbaren räumlichen Nähe oftmals die gemeinsam genutzte Infrastruktur angeführt. Dies ist jedoch gerade bei Windenergieanlagen kein sehr aussagekräftiges Kriterium. Denn die gemeinsame Nutzung beispielsweise eines Umspannwerks oder einer Kabeltrasse durch verschiedene Betreibergesellschaften und Anlagen ist bereits aus Platzgründen nicht unüblich und wird oftmals vom Netzbetreiber auch so gefordert.

Eine genaue Prüfung kann Förderung nachträglich geltend machen

Was bedeutet dies also für Windenergieanlagenbetreiber, die mit Förderkürzungen wegen negativer Börsenpreise konfrontiert sind? Sie sollten zuerst kontrollieren, ob sie von der Anlagezusammenfassung mehrerer Windenergieanlagen betroffen sind. Sodann sollten sie ggf. Rechtsrat einholen, um die genaue Parkkonfiguration und daran anknüpfende Möglichkeiten eines Vorgehens gegen die Förderkürzung prüfen zu lassen. Gegebenenfalls bestehen hier gute Aussichten, die nicht gezahlte Förderung nachträglich geltend zu machen und so letztlich doch noch von den ertragsreichen Zeiten des Jahresbeginns zu profitieren.

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