Der LEE NRW hat den Koalitions-Beschluss vom 01. Juli 2015 zugunsten einer Kapazitätsreserve für ausgewählte alte Braunkohlekraftwerke deutlich kritisiert.
„Aus einer verursachergerechten Klimaabgabe für Kraftwerksbetreiber wird jetzt eine Luxusrente für längst abgeschriebene, klimaschädliche Uraltkraftwerke, die die Allgemeinheit zahlen soll. Damit wird die Protestkampagne einzelner Energiekonzerne und Gewerkschaften aller Voraussicht nach mit einem milliardenschweren Subventionsgeschenk belohnt“, sagte Jan Dobertin, Geschäftsführer des LEE NRW.
Nach den jüngsten Plänen der Großen Koalition sollen ausgewählte Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung von 2,7 Gigawatt künftig nur noch als Reserve vorgehalten werden, um das selbst gesteckte Klimaziel bis 2020 zu erreichen. Die Kraftwerksbetreiber werden im Gegenzug für die Stilllegung entschädigt. Damit hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Idee einer Klimaabgabe für alte und umweltschädliche Kraftwerke verworfen, die nach Ansicht der Erneuerbaren-Energien-Branche sowohl die deutlich günstigere als auch klimapolitisch wirksamere Alternative gewesen wäre.
Erst Ende Juni 2015 hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) klargestellt, dass der jetzt im Wesentlichen beschlossene Alternativvorschlag deutlich teurer für die Verbraucher werde als der ursprüngliche Plan des Bundeswirtschaftsministers. Laut LEE NRW sind vor allem die zuletzt diskutierten Gesamtkosten der Kapazitätsprämien von rund 800 Millionen Euro im Jahr „absurd hoch“. „Die jetzt geplante Ausgestaltung der Kapazitätsreserve droht das Ende von Uraltanlagen, die bereits jahrzehntelang mächtige Gewinne eingefahren haben und ohnehin am Ende ihrer Betriebsdauer angelangt sind, noch zusätzlich zu vergolden“, so Dobertin. Zwar bekenne sich auch der LEE NRW weiterhin zu seiner Forderung einer strategischen Kapazitätsreserve, diese müsse aber Mitnahmeeffekte für ohnehin zur Stilllegung vorgesehene Altkraftwerke unterbinden und wettbewerblich ausgestaltet werden.
Neben den höheren Kosten ist die Entscheidung laut LEE NRW auch klimapolitisch weniger effektiv. Denn war die Klimaabgabe noch an die Stilllegung von CO2-Zertifikaten im europäischen Emissionshandel gekoppelt, ist dies bei der jetzt beschlossenen Kapazitätsreserve nicht mehr der Fall. Die Emissionen, die durch die Stilllegung von Kraftwerken eingespart werden, würden zwar die deutsche Klimabilanz entlasten, zugleich aber auch den europäischen CO2-Handelspreis weiter nach unten drücken.
„Die Entscheidung von Bundesregierung und Bundeswirtschaftsminister zu einer Kapazitätsreserve aus Uraltkraftwerken ist zudem höchst inkonsequent. Bisher hat Herr Gabriel in allen energiepolitischen Fragen und insbesondere bei der EEG-Reform immer die Kosteneffizienz und einen stabilen Strompreis als zentrale Ziele genannt. Jetzt ist auf einmal entscheidend, was wenige Energiekonzerne und einzelne Gewerkschaften fordern“, kritisierte Dobertin.
Einige andere energiepolitische Entscheidungen der Koalitionsspitzen von SPD, CDU und CSU begrüßte der LEE NRW hingegen ausdrücklich: Hierzu zählen die Absage der Koalition an einen umfassenden Kapazitätsmarkt, in dem Betreiber allein schon für die Bereitstellung gesicherter und auch nicht genutzter Kapazitäten belohnt werden, der Netzausbau sowie die Vorrangigkeit eines flexibilisierten Strommarktes.